Sehr geehrte Damen und Herren,
auch wenn zum gegenwärtigen Zeitpunkt das Thema „OB Wahlkampf“ die
öffentliche Diskussion beherrscht, möchte ich zumindest vorübergehend Ihre
Aufmerksamkeit auf die Entwicklungen in der energiewirtschaftlichen
Landschaft lenken.
Wie Ihnen bekannt ist, sind die Stadtwerke Lindau gemeinsam mit vielen
anderen kommunalen Stadtwerken an der Trianel Gruppe als Gesellschafter
beteiligt. Deren Aktivitäten liegen nicht nur in der Errichtung zentraler
Erzeugungseinheiten, wie beispielsweise das Gas- und Dampfkraftwerk im
Rheinland, den Offshore Windpark vor Borkum oder die Sondierung von
Standorten von Pumpspeicherkraftwerken. Zunehmend begleitet Trianel auch
dezentral ausgerichtete Projekte wie Mini-Blockheizkraftwerke, Onshore
Windparks, intelligente Stromzähler, Umstellungsstrategien auf LED
Straßenbeleuchtung und vieles mehr. Der Charme für kleinere Stadtwerke wie
Lindau liegt darin, dass die teilweise sehr komplexen Themen in
Projektwerkstätten gemeinsam erarbeitet werden, im Grunde in einer
ausgelagerten Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Neben der
Kompetenzbündelung liegt unser Vorteil auch in der Entstehung von
Synergien, z.B. durch die Standardisierung und den gemeinsamen Einkauf
technischer Systeme.
Ich bin der Überzeugung, dass wir uns bei der Umsetzung unserer
strategischen Leitlinien für den richtigen Partner entschieden haben.
Bedenkenswert ist allerdings der Status Quo der ordnungspolitischen
Rahmenbedingungen: Investitionsanreize für die regenerative Stromerzeugung
werden über die hohen staatlich garantierten Subventionen des Erneuerbare
Energien Gesetzes gegeben. Entgegen den ursprünglichen Prognosen beim
Atomausstieg ist der Strompreis für die an der EEX gehandelten Strommengen
derzeit sogar leicht rückläufig.
Das ist kein Widerspruch zu der Aussage, dass die Energiewende zu
steigenden Preisen führen wird. Denn der derzeitige Preis berücksichtigt
nicht den dringend erforderlichen Zubau von Kapazitätsreserven: Wenn die
stark schwankenden Einspeisungen durch Sonne und Wind nicht zur Verfügung
stehen benötigen wir Pumpspeicherkraftwerke, Speichersysteme und
konventionelle Gas- und Dampfkraftwerke. Es ist daher notwendig, den Umbau
der Energiewirtschaft durch die Integration eines Kapazitätsmarktes zu
begleiten, anderenfalls fehlen die Anreize für die erforderlichen Systeme.
Die Diskussionen um die Integration der Erneuerbaren Energien auf der einen
Seite und die Herausbildung eines Kapazitätsreservemarktes auf der anderen
Seite werden auf der bundespolitischen Ebene intensiv diskutiert.
Die Stadtwerke Lindau sind dabei gut beraten, wenn sie ihre
Investitionsentscheidungen klug abwägen und auf die Grundlage seriöser
langfristiger Prognosen stellen. Ich habe Ihnen eine aktuelle
Pressemitteilung der Trianel beigefügt, in dem der aktuelle Leistungsumfang
der Stadtwerkegruppe dargestellt wird und die anstehenden Herausforderungen
beschrieben sind.
Wie in der letzten Aufsichtsratsitzung im Dezember 2011 angeregt, werden
wir das Thema Energiewende im Rahmen eines Workshops im zweiten Quartal
diesen Jahres diskutieren und geeignete Maßnahmen vorstellen. Soviel sei
verraten: Intern diskutieren wir derzeit die Option, den Ausbau dezentraler
Strukturen verstärkt durch die finanzielle Beteiligung von Bürgern voran zu
bringen.
Für Ihre Aufmerksamkeit bedanke ich mich recht herzlich.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Steiner
Geschäftsführer