Endlich: Mehr Bahnhalte für Lindau! Ein Erfolg der “Kombilösung” …

Bericht über Verhandlungen der Stadt Lindau mit der DB S ImmAG, DB Netz, DB Fernverkehr BEG in der Stadtverwaltung Lindau am 26.07.2012

Liebe FreundInnen,
von meiner Teilnahme an einer weiteren Besprechung – sogenanntes Fach-Sitzengespräch zur künftigen Bahnentwicklung – berichte ich wie folgt:

Anwesend waren:
– die Herren Göttler (Wirtschaftsministerium), Schulze, Liese, (BEG),
ein Vertreter von Service & Station, Herr Witter (DB Immobilien), Herr Blaas, Dr. Hentschel, Herr Boss (DB AG)
– sowie die Herren Speth, Herrling, Bucher und Frau Rueß (Stadtverwaltung) und
die Herren OB Dr. Ecker, Dr. Birk, Schober, Hummler, Brombeiß, Rundel, Müller, Rothfuss und Kiss

1.) Die Vorstellung der Bahn, weitere Vorgehensweise, vorgetragen von Dr. Hentschel stand unter der zentralen Botschaft:
„Der Konzeptvorschlag der BI (Reutin) kann nicht umgesetzt werden!“
Die Rhein-Sieg-Eisenbahn (RSE) als NE-Betreiber (Nichteigentümer-Betreiber) habe ein technisch interessantes Konzept vorgelegt, welches die DB AG geprüft und auch inspiriert habe.
Aber es würde regelmäßige Verkehre erzeugen und eine erhebliche Inanspruchnahme von DB-Infrastruktur bedeuten, was „einen Rückzug der DB nicht denkbar“ mache.
Dr. Hentschel hat noch mal explizit bestätigt, was wir immer schon gesagt haben, die RSE betreibt Museumsbahnen oder ist auf Strecken aktiv, die für die Bahn nicht mehr interessant sind und stillgelegt werden sollen.
2.) Die DB AG hat aus den beiden Bürgerentscheiden folgende Schlüsse gezogen:
Die Lindauer wollen einen Inselbahnhof und einen Verkehrshalt in Reutin.
Es bestehe eine hohe Präferenz zur Gewinnung von freien Flächen auf der Insel für die städtebauliche Entwicklung.
3.) Folgende Zwangspunkte ergeben sich aus Sicht der DB AG:
Erhalt des Inselbahnhofs, um Akzeptanz zu bekommen.
Die im ursprünglichen Konzept “Bahnhof Reutin” vorgesehene Verschwenkung des Bahnhofs nach Süden – also die Verschiebung vorhandener funktionierender Schienenbahninfrastruktur nach Süden, um am Berliner Platz Flächen für die städtebauliche Entwicklung zu bekommen – würde die DB AG 10 Mio Euro kosten und sei aus Sicht der DB AG nicht mehr sinnvoll.
Zweigleisiger Ausbau der Aeschacher Kurve?
Hier sei die Bahn noch unsicher, ob dies sinnvoll sei wegen „hoher Sprungkosten“ ein zweites Gleis zu verlegen. Allein schon die dadurch ausgelösten Kosten für Lärmschutz lägen bei 5 Mio Euro.
Nach den bisherigen Fahrplanberechnungen und Überlegungen durch Herrn Schulze (BEG) sei ein zweites Gleis – mit Ausnahme einer Zugverbindung – nicht erforderlich. Oder anders herum gesagt, diese eine Zugverbindung rechtfertigt nicht so hohe Investitionen.
4.) Dr. Hentschel präsentierte dann aus Sicht der DB AG folgende flächenmäßige Eckpunkte:
Inselbahnhof.
– Verkürzung der Geleise auf Höhe jetziger Kiosk/Ende HBF-Gebäude;
Fläche hinter Eilguthalle und Bahnhofsgebäude wird dadurch komplett frei.
– Verkürzung Gleis 1, sodass hier ein direkter Zugang vom Stadtbushalt Linie 1 + 2 auf die Geleise und die Hintere Insel (für Fußgänger und Radler) möglich wird. Hier entsteht eine Plaza;
– Wegfall der Mauer;
– 6 Bahnsteigkanten verbleiben;
– Die „Abstellgruppe“ – Auszugsgleise hinter Eilguthalle – wird von der Insel nach Reutin verlagert;
– Die Tankstelle wird nach Reutin verlagert;
– Wegen des Entfalls der Fernzüge können Bahnsteigkanten und Geleise verkürzt werden. Aber eine Mindestlänge von 201 m oder 210 m Länge verbleibt. Laut Schulz (BEG) auch für Nahververkehr und immer länger werdende Züge aus Österreich erforderlich.
– Der jetzige Holzsteg zur hinteren Insel hinter Post- und Stadtbücherei entfällt ersatzlos, weil durch den direkten ebenerdigen Fuss- und Radwegübergang am Bahnhof wird der Holzsteg überflüssig.
– Im jetzigen Hbf.-Gebäude auf der Insel benötigt die Bahn AG noch einige Flächen für ihre bahntechnischen und bahnvertrieblichen Zwecke.
– Das heutige Bahnhofsgebäude soll jedoch von einem Investor übernommen und entwickelt werden.
– Wie viele Hektar genau auf der Insel städtebaulich als Entwicklungsflächen zur Verfügung stehen werden, da wollte sich Herr Witter noch nicht festlegen. Überschlägig und unverbindlich war von 1,5 ha die Rede!
Bahnhof Reutin
– Die DB AG konzentriert sich auf „8 Achsen“ im Norden. Damit sei auch noch Zukunfts- und Entwicklungspotential für die DB AG vorhanden.
– Keine Verschwenkung der dortigen durchlaufenden Strecken in Richtung Süden.
– Vier lange, fernverkehrstaugliche Bahnsteigkanten sollen gebaut werden.
– Die Bahnsteige werden teilüberdacht;
– Ein Steg mit Aufzügen für Fußgänger und Radler soll die Bahnsteige erschließen.
– DB-Serviceangebote sollen vor Ort angeboten werden
– Das alte Bahnhofsgebäude werde von der DB AG nicht benötigt.
– Im Bereich der „Richtungsgruppe Güterverkehr“, im östlichen Teil des Gleisareals, soll die von der Insel nach Reutin verlagerte Abstellanlage neu gebaut werden.
– Auch die Tankstelle werde in Reutin neu gebaut werden.
– Im südlichen Teil des Reutiner Schienenareals werden 6 ha Flächen frei werden.
– Diese frei werdenden Flächen sollen von DB AG und Stadt Lindau gemeinsam entwickelt werden. Ein gemeinsames städtebauliches Nutzungskonzept soll entwickelt werden.
– Die jetzt von Bahn gewerblich genutzten Anlagen an der Ladestraße für Schenker und andere sollen aufgehoben und aufgelassen werden.
– Die Ladestraße soll künftig nur noch als Rad- und Fußweg genutzt werden.
Die Ladestraße hat dann keine Erschließungsfunktion mehr.
– Die Erschließung des neuen Gewerbe- und Wohnareal südlich des Bahnhofs Reutin soll über den Kamelbuckel erfolgen. Genaue Details müssen hier von Bahn und Bauverwaltung erst noch entwickelt werden. Das kann erst erfolgen, wenn der Stadtrat dem grundsätzlich mehrheitlich zustimmt. Nächste Sitzung: 20.09.2012.
5.) Die DB AG geht bei Ihren Überlegungen davon aus, dass es bei im Rahmen der Kombilösung ausgehandelten finanziellen Zusagen von Stadt und Bahn bleibt.
Zur Erinnerung:
a) Der Freistaat leistet einen Zuschuss von 3,5 Mio €.
b) Die Stadt bezahlt für Bahninfrastruktur 2,7 Mio € (max 3,0 Mio €)
c) Für die sogenannte „äußere Infrastruktur“ (z.B Rad-Fußgängerunterführung Eisenbahndamm/Lotzbeckhäusle; Parkplatz Bahnhof Reutin, Sanierung Thierschbrücke) muss die Stadt weitere 4,8 Mio € bezahlen.
6.) Grundsätzlich zum Rechtlichen:
Dr. Hentschel geht davon aus, dass Planfeststellungsverfahren (PFV) erforderlich sein werden.
Allerdings besteht bei den o.g. Vorschlägen und Ansätzen die Möglichkeit, kleinere und getrennt voneinander jeweilige PFV durchzuführen, also z.B. PFV für 2. Gleis in Aeschach.
7.) Herr Boss von DB AG betonte nochmals zu den Kosten für Lindau, dass die DB AG von insgesamt 100 Mio Euro ausgehe. (Junior-Prof. Rothfuss hatte zuvor gemeint, die Bahn hätte Kosten von 20 Mio Euro!)
Wegen der unterlassenen Instandhaltungsmaßnahmen der letzten Jahrzehnte, Sanierung Eisenbahndamm, dem Neubau von Stellwerk und Signaltechnik, Elektrifizierung seien erhebliche Millionenbeträge im zweistelligen Bereich erforderlich.
8.) Ich habe erklärt, dass ich als Kombilösungsbefürworter der von Dr. Hentschel vorgestellten Konzeption grundsätzlich zustimmen kann.
Entscheidend ist, dass mit diesem Konzept – im Gegensatz zu früher – die DB AG wichtige, bestehende Bahninfrastruktur auf und zur Insel behält und nicht mutwillig zerstört.
Mit diesem Konzept ist aus Sicht von Bahnnutzern und DB AG ein zukunftsfähiges Konzept vorgegeben, mit dem die DB AG im Stadtgebiet von Lindau für die Bahnverkehre der Zukunft sehr gut gerüstet ist.
Bahn- und Zugverkehr in Lindau ist und bleibt ausbau- und entwicklungsfähig. Wohin künftig die Züge fahren werden und wer, wohin Zugverkehre bestellt wird, werden u.a. auch die Bürger mit ihrem Mobilitätsverhalten entscheiden.
Auch die Vorstellungen für das Areal südlich des Bahnhofs Reutin – insbesondere die Umwandlung der Ladestraße in einen Rad- und Fußweg – klingen viel versprechend.
Aus den frei werdenden Flächen – jetzt vorhandene 6 ha Gleis- und Bahnbrache – nördlich der Ladestraße können teilweise Gewerbegebiet, Wohngebiete sowie Grünzonen, Landschafts- und Naturschutzgebiete werden. Für Lindau ergibt sich die Chance in diesem Areal z.B. auch autofreie Wohngebiete zu entwickeln.

Mein persönliches Fazit:

Das Konzept der DB AG ist ein gelungener Kompromiss aus dem Bürgerentscheid Kombilösung und dem Bürgerentscheid Verhandlungsauftrag für einen Hbf. Reutin.
Die DB AG hat aus diesen Bürgerentscheiden die richtigen Schlüsse gezogen. Die Lindauer wollen eine bahntechnisch erschlossene Insel und derzeit vorhandene Bahnbrachen und Gleisverhaue städtebaulich erschließen. Der Vorschlag der DB AG ist mehrheitsfähig sowohl im Stadtrat als auch in der Bevölkerung.
9.) Am Ende der Besprechung habe ich darauf gepocht, dass alles, was wir heute besprochen haben, öffentlich und transparent gemacht werden muss.
Also auch die Folien und Infos der DB AG, die in den nächsten Tagen dem OB und den Fraktionsvorsitzenden zugestellt werden, werden und wollen wir Bunten veröffentlichen.
Auch für die BI Reutin wird es wichtig sein, dass alles öffentlich gemacht und gründlich ausdiskutiert werden kann.
Hiergegen gab es keine Einwendungen!
Alexander Kiss