Uli Kaiser hat im Stadtrat die Haushaltsrede der Stadtratsfraktion der Bunten Liste Lindau gehalten.
Werte Frau Oberbürgermeisterin, werte Kolleginnen und Kollegen,
bei der Baumpflanzung anlässlich der Geburt des OBabys zeigte sich die geschätzte Kollegin Angelika Rundel überrascht, dass Sie, liebe Frau Oberbürgermeisterin, ausgerechnet die „langweiligste Sitzung im Jahr“ zum Wiedereinstieg nach dem Mutterschutz gewählt haben. Da ich, immerhin alle zwei Jahre, für den langweiligen Beitrag der Bunten Liste verantwortlich war, habe ich mir vorsorglich einige alte Haushaltsreden nochmal durchgelesen. Was soll ich sagen: Geli hat Recht! Ausgenommen die jahresaktuellen Veränderungen haben wir immer wieder dieselben Themen.
Klimaschutz, Zusammenarbeit, Erbpacht und sozialen Ausgleich!
Um Euch nicht über Gebühr zu strapazieren machen wir es kurz:
Der Haushalt 2022 und Klimaschutz: Fehlanzeige!
Die Fahrradstraße, die hier als Feigenblatt angeführt wird, hat erst dann einen positiven Einfluss aufs Klima, wenn eine Mehrheit dieses Rates davon überzeugt ist, dass dadurch so viele Menschen aufs Rad umsteigen, dass wir zentrumsnahe Parkplätze reduzieren können …
Die Zusammenarbeit im Rat empfinden wir als unbefriedigend. Die Sitzungen sind dafür aufgrund ihrer Struktur wenig geeignet. Und die Pandemie verhinderte, bis auf ganz wenige Ausnahmen, den sonstigen Kontakt. Wir hatten zu verschiedenen Themen konstruktive Gespräche im Rahmen unserer Sonntagssitzungen. Aufgrund dieser Erfahrungen regen wir die Schaffung einer neutralen Diskussionsplattform der Stadt Lindau an.
Idealerweise sollte es ein digitales Format sein. Themen könnten aus der Verwaltung oder von Stadträt*innen aufgerufen werden. Es besteht die Möglichkeit sich Expert*innen einzuladen. So wäre es ohne großen Zeitaufwand möglich, Themen gründlich vorzubereiten, voneinander zu lernen und allfällige Missverständnisse auszuräumen. Dieses Format könnte auch den Projektschmieden zuarbeiten.
Ein Grund der bunten Ablehnung zum Haushalt 2022 sind die geplanten Grundstücksverkäufe in den kommenden Jahren. In Summe ergibt dieser eingepreiste Verkauf von städtischem Vermögen einen ähnlichen Betrag wie die Kosten für das geplante Parkhaus.
Wir haben Möglichkeiten aufgezeigt, trotz der angespannten Haushaltslage im Besitz von Grund und Boden zu bleiben. Leider ist uns hier niemand gefolgt. Nun bleibt zu hoffen, dass die Einnahmen in den kommenden Jahren sich so positiv entwickeln, dass wir nicht unter Druck verkaufen müssen.
Bei den Flächen auf der Hinteren Insel sind wir überzeugt, den Rahmenplan nur Umsetzen zu können, wenn die Flächen im Eigentum der Stadt bleiben.
Hier sorgt die Erbpacht dafür, dass die Flächen spekulationsfrei entwickelt werden. Jede andere Vermarktung macht unsere Ziele der Inselstadtentwicklung zu Makulatur. Wir haben letzte Woche einen äußerst überzeugenden Auftritt unserer Verwaltung erlebt. So macht die Stadtratsarbeit Freude. Die fünf Gegenstimmen vielleicht ausgenommen.
Aber da würden wir die Hoffnung nicht aufgeben, einige doch noch mitzunehmen.
Beim sozialen Ausgleich ist ein Zahlenvergleich hilfreich:
Wir erhöhen den Zuschuss für Inhaber*innen des Lindaupasses für ein Monatsticket des Stadtbusses von € 5.– auf € 15,–.
Dies ist erfreulich! Wenn wir aber den Haushaltsposten von € 4.800,– mit den vermutlich über € 15.000.000,– für die Parkierungseinrichtung am Karl-Bever-Platz vergleichen, fällt deutlich auf, für wen hier Politik gemacht wird.
Billig zu parken ist immer noch viel wichtiger als günstig Bus zu fahren.
Dabei sind wir uns eigentlich einig, den Stadtbus zu stärken. Leider haben alle Bemühungen des Stadtrates nicht dazu geführt, den Bus wieder pünktlich zu machen. Einen unpünktlichen Bus benutzen nur jene, die keine Alternative haben. Damit geben wir eine Erfolgsgrundlage des Stadtbusses auf. Auch die Einführung der Elektrobusse ist noch nicht wieder auf den Weg gebracht. Hierfür sind im Haushalt 2022 keine Mittel zu erkennen.
Auch dies wäre ein Thema für die städtische Lernplattform. Genauso wie ein Mobilitätsticket mit dem wir busfahren, parken und E-Roller ausleihen können.
Zum Schluss noch ein Wort zur Bürgerbeteiligung am Karl-Bever-Platz. Die Entscheidung der Ratsmehrheit, der Konsentempfehlung der Bürger*innen nicht zu folgen, war absehbar. Es war Euch unmöglich, die Macht Eurer Mehrheit deren versöhnender Empfehlung unterzuordnen. Dies ist mehr als bedauerlich. Wenn Ihr diese Entscheidung nicht mehr verbessern wollt, halte ich es für Eure Aufgabe, diese, den am Prozess beteiligten Frauen und Männern, im persönlichen Gespräch zu erklären.
Bleibt noch der höfliche Dank an die Verwaltung mit dem leichten Bedauern über den Spurwechsel unseres Kämmerers …
… und falls ich Euch jetzt wieder gelangweilt habe, gibt es Licht am Ende des Tunnels. Dies war nicht nur meine letzte Haushaltsrede, es ist heute auch meine letzte Stadtratssitzung. Die Bunte Liste vollzieht einen Generationswechsel. Laura Brombeis wird diesen Platz ab Januar einnehmen. Damit wird dieser Stadtrat etwas jünger und weniger männerlastig.
Danke für die Zeit!
Uli Kaiser