Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Rat der Stadt Lindau.
Es waren meine 20. Haushaltsberatungen und sie waren eher langweilig.
Unser werter Herr Oberbürgermeister war gereitzt und auf keinen Fall zu Späßen aufgelegt. So gab es leider wenig Raum für politische Grundsatzdiskussionen, obwohl das ausgeglichene Zahlenwerk der Kämmerei sonst keine Zeit kostete. Da wurden noch diverse Summen von der Feuerwehr zum Straßenunterhalt geschoben und selbst dieses konnte unsere Verwaltung beim letzten Finanzausschuß wieder zurecht biegen. Ich will ja jetzt nicht von der guten, alten Zeit anfangen, aber früher war mehr Leben in diesen Haushaltsberatungen.
So setzt die Kritik der Bunten Liste nicht so sehr am Haushalt der Kernverwaltung, als vielmehr bei den Finanzentscheidungen der städtischen Töchter und Regiebertriebe an.
Die drei großen B:
Bad, Bus und Bauunterhalt stehen beispielhaft für eine seltsame Entwicklung bei der Mehrheit in diesem ehrwürdigen Rat:
Bus
Die Abstimmung wider besseren Wissens und der eigenen Überzeugung.
So kam der Stadtbus ganz fürchterlich unter die Räder. Seit zwanzig Jahren ist der Halbstundentakt ein Erfolgsmodell. Woher die sinkenden Einnahmen kommen, weiß eigentlich niemand genau. Die steigende Unpünktlichkeit – ein ganz klarer Managementfehler, weil sich im Hause der Stadtwerke einfach niemand darum kümmerte, oder die zurückgehenden Schülerzahlen oder auch die überraschend gut genutzte Gästekarte. Also obwohl hier keine fundierten Untersuchungen vorliegen, will eine Stadtratsmehrheit das Erfolgsmodell Halbstundentakt demontieren. Ermutigt fühlt sich diese Mehrheit, allen voran unser OB, durch das geringe Interesse der Bürgerschaft an den entscheidenden Sitzungen. Und so wird dieses klimafreundliche Vorzeigeprojekt unserer Stadt zerlegt, nur weil die Busbenutzer nicht organisiert sind?
Wenn aber in der Bürgerversammlung einige Apotheker und Ärzte aufstehen und geschäftstüchtig Parkplätze vor ihrer Haustür fordern, wird noch in der gleichen Woche, ohne die Folgen zu bedenken, Abhilfe geschaffen.
Was meinen Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, wie das bei den von Euren geplanten Kürzungen betroffenen Stadtbusnutzern ankommt? Hier wird der Demokratie ein Bärendienst erwiesen.
Bad
Meine persönliche Haltung zum Bad ist klar: Wenn wir uns Limare und Eichwald in seiner jetztigen Form nicht leisten können, müssen wir abspecken: Limare sanieren und das Eichwald zum Naturbad zurückbauen.
Die Mehrheit hier möchte einmal mehr den Fehler begehen und sich in die Investition eines noch tolleren Bades flüchten. Die Art und Weise wie das von statten geht ist aber doch abenteurlich. Es wird ein Wettbewerb ausgeschrieben um auszuloten was für 1.000.000.- € Zuschuß pro Jahr zu kriegen ist. Wir bekommen ein Angebot mit allem Pimmelpammel, den es braucht um aus Sicht des Betreibers, eines Bäderfachmannes, dieses Bad erfolgreich zu führen. Ein 50m Becken hält der Fachmann für unnötig. Nicht aber die Experten in diesem Hohen Rat. Wir sind hier zwar schon einige Male mit unseren Entscheidungen baden gegangen… aber Experten sind wir keine.
Trotzdem wurde dieses Schwimmbecken hier beschlossen, obwohl es uns über 200.000,–€ pro Jahr zusätzlich kosten wird. An dieser Stelle sei mir eine Rückblende zum vorherigen Thema gestattet:
Schon mit der Hälfte dieses Betrages könnte der Stadtbus ungekürzt weiterbetrieben werden. Wichtig ist uns auch der Hinweis, dass der Stadtbus von 10x mehr Menschen genutzt wird, als unser Strandbad.
Zurück zum Bad:
Im letzten Stadtrat durften wir erleben, dass es immer noch schlimmer geht. Zwei Dingen konnten gelernt werden: Zum einen weiß die junge Union nun, dass ein Antrag, der nur als Eröffnung des OB Wahlkampfs gedacht war – es fehlten nur die Schwimmflügel beim Kandidaten – auch eine Mehrheit bekommen kann. Dumm gelaufen. Die Mehrheitsbeschaffer unter uns mussten einmal mehr lernen: Ohne Moos nix los. Inzwischen wurde heftig zurückgerudert. Hier möchte ich diesen Rat nicht bremsen bis auch Rutsche und 50m Becken weggerudert sind.
Bauunterhalt
Um beim Landratsamt überhaupt eine Genehmigung für die über 10.000.000.– € Badkredite in Aussicht gestellt zu bekommen, hat dieser Rat klammheimlich eines der wichtigsten Projekte zur Strukturänderung in unserer Verwaltung auf Eis gelegt. Die weitere Übertragung von städtischen Häusern zur neugegründeten Immobilienverwaltung musste gestoppt werden.
Das heißt, dass in Zukunft die eingenommenen Mieten nicht in den Werterhalt unseres städtischen Immobilienvermögens fließen, sondern damit das Bad bezahlt werden soll. Auch hier handelt dieser Rat mehrheitlich wider besseres Wissens. Es sei mir ein Zitat aus nichtöffentlicher Sitzung gestattet, vor allem weil es von einem Mitglied unseres Rates stammt, der ansonsten klar und analytisch denkt: „Dann müssen wir halt noch einige Jahre weiterwurschteln…“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bunte Liste will das nicht!
Wir heben auch nicht die Hand für die Fehlinvestition des Parkhauses. Den ersten destruktiven Effekt dieses Unsinn haben wir gestern als offenen Brief bekommen.
Wir wollen auch nicht weiterhin auf unseren Gewinnanteil aus der Sparkasse verzichten.
Auch die Unterführung halten wir für unnötig.
Da auch der Schuldenabbau nicht spürbar ist lehnen wir diesen Haushalt 2016 ab.
Wir bedanken uns bei der Verwaltung für die gute Zusammenarbeit, wünschen ein besinnliches Weihnachtsfest und ein angstfreies, buntes neues Jahr.
Uli Kaiser